Zur Rechtsgültigkeit von Schutzverträgen

Wem gehört das Tier denn nun?

Inzwischen ist es zum Standard geworden, dass Tiere vor allem von Tierschutzorganisationen mit einem Vertrag abgegeben werden, der Namen wie Schutz-, Abgabe-, Vermittlungs- oder Überlassungsvertrag trägt. Explizit wird der Vertrag nicht Kaufvertrag genannt. Einerseits soll damit der Haftungs- und Gewährleistungspflicht, die ein Kaufvertrag mit sich bringen kann, aus dem Weg gegangen werden, andererseits behalten sich Organisationen damit das Eigentum am Tier vor, das beim Kauf eines Tieres direkt auf den neuen Besitzer übergehen würde. 

Laut Rechtssprechung durch das LHG Krefeld handelt es sich bei solchen Verträgen um sogenannte "atypische Verwahrungsverträge". Ein Kaufvertrag liegt nicht vor, da die kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften keine Anwendung finden und der Schwerpunkt des Vertrages nicht in der für den Kaufvertrag prägenden entgeltlichen Übergabe und Eigentumsverschaffung des Tieres, sondern in der Übergabe des Tieres zur Haltung und Pflege durch den Übernehmer liegt. 

Urteil des Landgericht Krefeld


Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht findet auf einen Schutzvertrag (auch Tierüberlassungsvertrag, Abgabe- oder Vermittlungsvertrag genannt) keine Anwendung, da es sich nicht um einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB handelt. Ein Kaufvertrag scheide aus, da für einen Schutzvertrag nicht die entgeltliche Verschaffung von Eigentum an einer mangelfreien Sache, sondern die Verwahrung und Versorgung des überlassenen Tieres durch den Übernehmer prägend sei. Dies sei insbesondere dadurch ersichtlich, dass in sogenannten Schutzverträgen Klauseln enthalten sind, die insbesondere regeln, dass der Übernehmer das Tier in einer bestimmten Art und Weise zu versorgen hat, nämlich nach den geltenden Tierschutzbestimmungen und ihm eine Weitergabe des Tieres an Dritte ohne Einverständnis des Beklagten verboten ist. Auch die Vereinbarung von „Probezeiten“ sprächen gegen die Annahme eines Kaufvertrages. Es handle sich bei Schutzverträgen vielmehr um atypische Verwahrungsverträge, weil der Verwahrer Eigenbesitzer und Eigentümer werden soll und die Verträge entgegen der §§ 695, 696 BGB auf eine dauerhafte Verwahrung angelegt sind, bei der sowohl das Rückforderungsrecht des Hinterlegers als auch der Rücknahmeanspruch des Verwahrers ausgeschlossen sein sollen. Mithin seien die Vorschriften der Verwahrung und nicht die des Kaufrechts auf Schutzverträge anzuwenden. Der Klägerin stünde aber auch nach den Grundsätzen der Verwahrung ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten nicht zu. (Susan Beaucamp)

Die Rechtssprechung bewertet eine Negierung der Eigentumsübertragung (ebenso wie die Einräumung umfangreiche Besuchs- und Auskunftsrechte) als überraschend und somit gem. § 305c BGB unwirksam. Das  Landgericht Hamburg (LG Hamburg 309 S 149/09) machte in einem Fall deutlich, dass Allgemeine Geschäftsbedingunge eines Vereins gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sie einräumen, dass der Verein eigenmächtig das Tier zurückholen kann,  und die Erwerberin unangemessen benachteiligen. Das Landgericht interpretierte hier den geschlossenen Vertrag als Kaufvertrag. Das Amtsgericht Reutlingen entschied durch Beschluss (AG Reutlingen 14 C 437/08), dass ein Verein bei der Rücknahme des Tieres ohne Zustimmung der Erwerberin in verbotener Eigenmacht handelt. Der Verein hätte klagen müssen, um eine Herausgabe des Tieres zu erwirken. Denn der  neue Halter hat auch dann, wenn das Eigentum beim Verein verbleibt, ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB). Nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen (wie z.B. dem Rücktritt vom Vertrag) kann der Verein die Herausgabe des Tieres erwirken. Häufig kommen Gerichte auch zu dem Schluss, dass Klauseln, die ein Eigentumsvorbehalt enthalten, unausgewogen sind gegenüber dem neuen Halter, der umfangreiche Rechte und Pflichten übernimmt. Zweifelshaft ist auch die Einräumung umfangreicher, evtl. sogar unangekündigter Besuche, da diese massiv in die Persönlichkeitsrechte der Halter eingreifen.

Die sogenannte Adoption von Tieren ist in Deutschland nicht Deutschland gesetzlich nicht geregelt, es entbehrt also jeglicher rechtlicher Grundlage, von Adoptionsverträgen zu sprechen. In wie fern Miet- und Leihverträge, die inzwischen geschlossen werden, rechtsgültig sind, bleibt abzuwarten.

Vertragsstrafen

Viele Schutzverträge (oder wie auch immer sie im Einzelfall genannt werden) enthalten Vertragsstrafen, durch die die Einhaltung des Vertrages sicher gestellt werden soll. Zu Vertragsstrafen im Rahmen von Schutzverträgen urteilt das Oberlandesgericht Celle (OLG) in seiner Entscheidung vom 28.01.2009 (AZ: 3 U 186/08), dass standardisierte, zum Beispiel im Internet heruntergeladene Verträge Merkmale von Algemeinen Geschäftsbedingungen haben. Hier sind Vertragsstrafen nach § 309 Nr. 6 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam, da sie die andere Vertragspartei unangemessen benachteiligen. Vertragsstrafen dürfen nur in einem individuell ausgehandelten Vertrag enthalten sein und müssen im Verhältnis zum Wert des Tieres stehen. Vertragsstrafen, die den Kaufpreis überschreiten, werden zudem als sittenwidrig angesehen und sind ebenfalls unwirksam (OLG Celle, Az.: 3 U 186/08

Schutz- und Abgabevertrag

Hier finden Sie den aktuellen Entwurf für einen Schutz- und Abgabevertrag, den wir verwenden.