Siam und Himalaya - die Shades der Ratte

Bereits 1973 Moutier et al.(( R. MOUTIER, K. TOYAMA & M. F. CHARRIER (1973) , Himalayan allele at the albino locus in the Norway rat, Journal of Heredity, Volume 64, Issue 5, 1 September 1973, Pages 303–304)) das Auftreten einer Himalaya-Mutation auf dem C-Lokus in einem Laborbestand von fat-Ratten.

Die gezielte Liebhaberzucht von Siam-Farbratten hatte 1978 ihren Ursprung. Im September dieses Jahres konnte Roy Robinson, genetischer Berater der NFRS, drei Paare aus einem Labor in Orly bzw. Orleans (verschiedene Quellen geben unterschiedliche Orte an) importieren. Unterstützt wurde er dabei durch ein Labor in Charshalton, wo die Tiere zunächst untergebracht wurden. Um das Vorhaben zu finanzieren, wurden Optionen auf Nachzuchten zu je 5 Pfund verkauft, so dass die ersten Nachzuchten aus dem Labor kurz vor Weihnachten 1978 an Mitglieder der NFRS gingen.

Zu dem Zeitpunkt sahen die Tiere allerdings noch nicht so aus, wie wir heute Siam-Ratten kennen. Vielmehr ähnelten sie Hooded Silver Fawns mit einem deutlichen Orangeton und nur ganz leicht dunkleren Nasen. Von da war es noch ein langer Weg zu dem typischen Siam-Ratten von heute und viele der Züchter, die Tiere aus dem Ursprungswurf erhalten hatten, stellten ihre Bemühungen bald ein. Durch eine Kreuzung mit einer Black Berkshire Ratte konnte die Hooded-Zeichnung entfernt werden und auch der rötliche Farbton verschwand. Die Einkreuzung von Berkshire konnte allerdings nicht alle Problem in der Linie beseitigen, denn es gelang zunächst nicht, die weißen Pfoten und Schwanzspitzen zu eliminieren. Mit Hilfe von strenger Selektion und dem wiederholten Einkreuzen sehr guter Black Self gelang es, die weißen Abzeichen an Zehen und Schwänzen schließlich in Griff zu bekommen und die dunklen Bereiche auszudehnen. 1983 gewannen schließlich zwei Siams (Dusky Surprise und Dusky Princess) den ersten (Best in Show) und zweiten Preis (Runner up) in der Bradford Small Livestock Show. 1984 wurde dann ein Bock geboren, der endlich den dunkleren Bauch hatte, den man so sehr anstrebte. In die USA kamen die ersten acht Siam-Ratten durch einen Import im Jahr 1983. Am 31.03.1984 wurden sie zum ersten Mal bei einer AFRMA-Show gezeigt, bereits in der nächsten Show am 19.05.1984 gewann eine Siam-Ratte den Preis für Best in Show (Sumi von Mary Macdonald).

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Russian Blue Point Siam

Der Standard der Siam- und Himalaya-Ratte

Bei Siam / Himalaya handelt es sich um einen Shade (Schattierung), die theoretisch auf jeder Farbe auftreten kann. Allerdings sind Versuche, sogenannte Flame Point Siamese auf Basis von Topaz zu ziehen, bisher erfolglos gewesen, da die Points so stark verdünnt sind, dass die Tiere wie Pink-Eyed-White erscheinen.

Der Standard der Siam-Ratte

Die AFRMA ((AFRMA (2017).AFRMA Official Color Standards Book Rat.)) beschreibt die Körperfarbe als mittleres Beige, das stufenweise und gleichmäßig schattiert ist über den Sattel und den unteren Rücken bis zum Bauch. Am dunkelsten soll die Farbe an der Basis des Schwanzes sein. Weiße oder helle Stellen am Körper, den Füßen oder am Schwanz sind nicht erlaubt. Der Bauch sollte hellbeige sein. Die Points sollen bei Seal Point Siamese von dunkel sepiafarben sein und sanft in die Körperfarbe übergehen. Bei Blue Point Siamese auf Basis von Russisch Blaue soll der Körper elfenbeifarben sein mit einer gleichmäßigen blauen Schattierung über den Sattel und das Hinterteil. Die Points sollen von einem mittleren Schiefergrau sein. Der Standard der NFRS entspricht dem weitgehenden. Im deutschen Standard der Farbratte ist als Grundfarbe Elfenbein angegeben. „Auslaufend zu Kopf- und Schwanzansatz und den Läufen geht die Farbe in ein dunkles Schokobraun über. Das Schokobraun sollte im Idealfall ab Ende der Hüfte, im Gesichtsbereich, in der Mitte zwischen Stirn und Ohren, an den Füßen spätestens ab Ende des Fussgelenks deutlich erkennbar werden. Points müssen an allen vier Läufen ohne Weißanteil bis zu den Zehen vorhabnden sein. Die Ohren sollten ebenfalls diese dunkle Färbung aufweisen.“ ((Noack, J.S., & Flechsig, S. (2012). Der deutsche Standard der Farbratte. Friedrichsborn-Verlag)).

Der Standard der Himalya-Ratte

Einfach ausgedrückt entspricht eine Himalaya-Ratte optisch einer Siam-Ratte mit weniger ausgeprägten Points. Der AFRMA((AFRMA (2017).AFRMA Official Color Standards Book Rat. Oder http://www.afrma.org/rataocp.htm)) zufolge soll die Körperfarbe weiß sein, ohne Flecken auszuweisen. Die Points sollen von einem dunklen Sepiaton sein. Dabei sollen sie nicht weiter reichen als: 1. Im Gesicht: nicht über die Augen, 2. An den Ohren: nicht unterhalb der Basis, 3. An den Vorderbeine: nicht über die Ellenbogen, 4. An den Hinterbeinen: nicht über die Fußgelenke, 5. Am Schwanz: nicht mehr als bis zur Hälfte des Rumpfes, 6. An den Füßen: einheitliche Farbe ohne Weißanteile. Dies entspricht auch der Beschreibung der NFRS((https://www.nfrs.org/varieties_shaded.html)). Im deutschen Stasndard der Farbratte((Noack, J.S., & Flechsig, S. (2012). Der deutsche Standard der Farbratte. Friedrichsborn-Verlag)) entspricht der Standard für Seal Point Himalaya dem für Seal Point Siamese.

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Himalaya

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Himalaya

Akromelanismus

Die charakteristische Färbung der Siamratte wird durch einen Mechanismus verursacht, der Akromelanismus oder Kälteschwärzung genannt wird. Dabei färben sich die kühleren Körperteile eines Tiere, wie z.B. Gesicht, Beine und Schwanz, bei einem ansonsten hellen Körper dunkel. Hierbei handelt es sich um eine teilweisen Albinismus, genauer einen okulokutanen Albinismus Typ 1, und nicht etwa um eine Form des Melanismus, wie der Name vermuten lässt, durch eine wärmeempfindliche Tyrosinase wird an den wärmeren Körperteilen weniger oder gar kein Pigment gebildet.

Die Genetik der Siam – und Himalaya-Ratte

Das Allel, dass die Siamfärbung auslöst, liegt auf dem sogenannten C-Locus. Das Kürzel „C“ steht für Colouration Gen und derselbe Genort ist z.B. auch für die Siamfärbung bei Siam- und Thaikatzen zuständig. An einigen Stellen wird auch berichtet, dass die Bezeichnung C-Lokus daher rührt, dass hier das Allel für Chinchillafärbung liegt, dies ist aber nicht der Fall. Inzwischen weiß man, dass dafür zwei andere Genorte verantwortlich sind. Das die Siam- bzw. Himalayafärbung auslösende Allel wird mit c(h) (Für Colouration Gen Typ Himalaya) bezeichnet.

Kuramoto et al. zeigten in einer umfangreichen Untersuchung von Farbratten-Mutationen in 2010((Kuramoto T1, Yokoe M, Yagasaki K, Kawaguchi T, Kumafuji K, Serikawa T. (2010), Genetic analyses of fancy rat-derived mutations, Exp Anim. 2010;59(2):147-55)), dass die Siamese-Mutation auf Chromosom 1 im Abschnitt 140.6-145.5 liegt, das Kandidaten-Gen ist das Tyrosinase-Gen Tyr.

Auf dem C-Lokus können die folgenden Allele liegen:

  • C – Non-Albino bzw. Wildform (dominant)
  • c – Albinismus, Albino (rezessiv gegenüber C, intermediär zu c(h))
  • c(h) – Akromelanismus, Himalaya (rezessiv gegenüber C, intermediär zu c)
  • c(m) – Marten bzw. Devil, mehr hierzu im Artikel „Die Vererbung des Devil-(Marten-)Allels

Bei der Betrachtung von C, c und c(h) ergeben sich folgende Kombinationen mit den entsprechenden Phänotypen:

  • C- (also CC, Cc, Cc(h))– Non-Albino, Wildform
  • cc – Albino
  • cc(h) – Himalaya
  • c(h)c(h) – Siam

Bei einer Seal Point Siamese Ratte liegen das Non-Agouti(Black)-Allel auf dem a-Lokus und das Himalaya-Allel auf dem c-Lokus jeweils homozygot vor, weitere Verdünnungen sind nicht vorhanden. Sie hat demnach den genetischen Code aa B- M- D- Rb- M- c(h)c(h) P- R- usw. Für Blue Point Siamese gilt analog aa B- M- D- rbrb M- c(h)c(h) P- R- usw. Analog gilt für Himalaya aa B- M- D- Rb- M- cc(h) P- R- usw. bzw. aa B- M- D- rbrb M- cc(h) P- R- usw. Die Grundaugenfarbe bei Albinos, Siam und Himalaya ist Pink. Zusätzlich kann das UK black Eyed Allel in homozygoter Form dafür sorgen, dass doch Farbstoff in den Augen gebildet wird und diese schwarz erscheinen.

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Seal Point Siam

Die Zucht von Siam-Ratten

Bei Zucht von Siam-Ratten besteht die Herausforderung zum einen darin, möglichst dunkle Points zu erzielen, zum anderen darin möglichst vollständig dunkel gefärbte Füße zu erhalten ohne weiße Flecken oder Zehenspitzen. Es wird empfohlen, immer wieder hervorragende Black Selfs einzukreuzen und mit schwarzbasierten Albinos zu arbeiten.

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Black Eyed Seal Point Siam

Die Ausstellung von Siam-Ratten

Für eine Show eigenen sich anscheinend vor allem männliche Tiere, die stärkere Points ausbilden als weibliche. Darüber hinaus wird empfohlen, die Tiere vor der Ausstellung möglichst kühl zu halten, da niedrige Temperaturen die Ausbildung der Points begünstigen.

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Black Eyed Seal Point Siam

Varianten

In der Geschichte der Siamzucht war es immer von besonders hoher Bedeutung, Tiere zu erhalten, die keine weißen Abzeichen haben. Selbstverständlich haben dennoch einige Züchter ihre Siams bzw. Himalayas mit gezeichneten Tieren wie z.B. Berkshires oder Variegated verpaart. Die darauf hervorgehenden Tiere werden manchmal unter dem Fantasienamen Triamesen angeboten.