Ratten sind keine Weihnachtsgeschenke

Alle Jahre wieder heißt es: Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke! Und mit der gleichen, traurigen Regelmäßigkeit finden sich nach der Weihnachtszeit all die ungewollten lebenden Geschenke in den Tierheimen wieder, die unter dem Weihnachtsbaum noch die Kinderaugen strahlen ließen.

Die Anschaffung eines Tieres will gut überlegt sein. Aus dem Grund ist es auch nur schwer möglich, ein Tier als Überraschungsgeschenk zu präsentieren, da der Beschenkte dann keine Chance hat, vorher über seine zukünftige Rolle als Tierbesitzer nachzudenken.

Bei Tieren, die als Geschenk für ein Kind gedacht sind, muss gleich eine ganze Gruppe neuer Tierbesitzer mit einbezogen werden. Denn neben dem Beschenkten selbst müssen alle Familienmitglieder mit dem neuen Hausbewohner nicht nur einverstanden sein, sondern ihn auch willkommen aufnehmen und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. In der Regel geht es nicht lange gut, wenn Eltern sich mit dem Argument, „es sei ja schließlich das Haustier des Kindes“ aus allem haushalten wollen. Kinder sind frühestens ab einem Alter von zwölf Jahren in der Lage, selbstständig Verantwortung für ein Haustier zu übernehmen und müssen selbst dann noch angeleitet und kontrolliert werden. Die Tatsache, dass man mit der Anschaffung eines Haustieres unter Umständen selbst bei den kurzlebigen Ratten eine jahrelange übernimmt, können sie in diesem Alter noch nicht einschätzen und überblicken. Daher ist es unbedingt notwendig, dass die Eltern voll hinter der Anschaffung des Haustieres stehen und es im Idealfall auch ein Stück „sich selber schenken“.

Genauso sollte ein Tier nicht aus einer spontanen Idee, einem Bauchgefühl heraus oder aus rein emotionalen Gründen („Wäre es nicht niedlich? Unterm Weihnachtsbaum? Wir könnten ein gutes Werk tun!“) angeschafft werden. Denn derartige weihnachtliche Gefühlsduseleien sind in der Regel spätestens dann vorbei, wenn die Ratten sich auch nach einer Woche noch nicht anfassen lassen oder ein geliebtes Möbelstück während des Freilaufs anknabbern. Tierliebe muss auch solchen Ereignissen standhalten können!

Daher gibt es einige Punkte, die vor der Anschaffung geklärt werden müssen:

Ist die Anschaffung eines Haustieres mit allen Beteiligten ausführlich diskutiert worden? Stehen alle voll hinter der Entscheidung?

Warum soll eine bestimmte Tierart angeschafft werden? Ist die Tierart überhaupt geeignet? Liegen genügend Informationen über die Ansprüche und Besonderheiten des gewünschten Tieres vor?

Sind sich alle über die Ansprüche des Tieres bewusst? Wissen alle Beteiligten, welche Aufgaben auf sie zukommen werden und für wie lange? Sind alle mit der Verantwortung einverstanden?

Wurden alle entstehenden Kosten berücksichtigt? Dazu gehören nicht nur Anschaffungskosten und die Kosten für eine Grundausstattung, sondern auch laufende Kosten wie Futter und Tierarzt!

Dürfen überhaupt Tiere in der Wohnung gehalten werden? Sind die räumlichen Gegebenheiten geeignet für das gewünschte Tier?

Hat man genug Zeit für die Betreuung des Tieres? Dabei auch an die Zukunft, an Veränderungen der beruflichen Situation/Schule und den Urlaub denken!

Liegen vielleicht bei einem der Familienmitglieder Tierhaarallergien vor?

Und am Ende steht die Frage: Ist Weihnachten der richtige Zeitpunkt?

Weihnachten ist aus mehreren Gründe einer der schlechtesten Zeitpunkte im Jahr, um sich ein Haustier anzuschaffen. Es herrscht allgemeine Aufregung. In all dem weihnachtlichen Trubel ist man auch mal etwas gereizter als sonst, hat weniger Geduld und ist weniger nachsichtig. Dabei benötigt ein Tier in seiner neuen Umgebung erst einmal Ruhe und Gelassenheit.

Zugleich ist die Weihnachtszeit auch eine der Hauptbesuchzeiten des Jahres. Entweder ist man selbst unterwegs oder es kommen andere zu Besuch, die weiteren Trubel mitbringen. Für einen neuen Hausgenossen sind das denkbar schlechte Bedingungen, sich an seine „neuen Menschen“ zu gewöhnen und sich mit ihnen anzufreunden.

Gerade zu Weihnachten lauern auch besondere Gefahren – meist in Form von Weihnachtsbäumen mit Glaskugeln, brennenden Kerzen, Schokoladentellern (giftig für Hunde!) und Geschenkbändern – im Haushalt. Die sollte man dem neuen, tierischen Familienmitglied lieber ersparen. Schließlich wartet nach all dem Weihnachtstrubel auch noch der Schrecken der Silvesternacht, die Tier nur ungern in relativ neuer, fremder Umgebung verbringt. Besser aufgehoben ist es da – wenn möglich – bei seinem Züchter oder einer vertrauten Pflegestelle.

Statt dem Tier als Geschenk unterm Weihnachtsbaum sollte man daher doch lieber den Neujahrsvorsatz treffen, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und dann in Ruhe zu entscheiden.