Kinder, die Farbratten besitzen, sind glücklich mit ihren Haustieren – sogar glücklicher als Kinder mit Hunden oder Katzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine seit 2010 laufende Studie, die 64.284 Haustierrassen/-arten und 16.792 Individuen aus 113 Nationen umfasst (Im Alter von unter 10 Jahren ist dieser Unterschied statistisch signifikant, im Bereich 10-17 zeigt sich eine Tendenz). ((Rightpet 2010 – 2018 Ownership Study)).
Im Kinderbarometer 2007((LBS-Kinderbarometer, Deutschland 2007, Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern in sieben Bundesländern, Ergebnisse des Erhebungsjahres 2006/07, Ein Projekt des Dachverbandes der Landesbausparkassen, „LBS-Initiative Junge Familie“, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin Dr. Ursula von der Leyen, Durchführung: PROSOZ Herten ProKids-Institut, September 2007 )) berichten 5% der Kinder auf die Frage nach den schönsten Erlebnissen in der letzten Zeit von Erlebnissen mit Haustieren. Befragt nach den beliebtesten Berufen gaben 2018 11% der Kinder an, etwas mit Tieren machen zu wollen((LBS-Kinderbarometer, Deutschland 2018, Stimmungen, Trends und Meinungen von Kindern aus Deutschland, Ein Projekt der LBS-Gruppe in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund (DKSB), Durchführung: Institut für Sozialforschung der PROSOZ Herten GmbH PROKIDS)). Dies zeigt, was für einen hohen Stellenwert Haustiere für Kinder haben.
Die positiven Effekte von Haustieren auf Kinder
Die Haltung von Haustieren kann viele positive Effekte auf die Entwicklung von Kindern haben. Eltern geben an, Kinder würden verantwortungsbewusster und geselliger, wenn sie ein Haustier haben, darüber hinaus werden die Persönlichkeitsentwicklung und die Entwicklung kognitiver Funktionen gefördert (Poresky & Hendrix, 1988((Poresky, R. H. & Hendrix, C. (1988), Developmental benefits of pets for youngchildren, People, animals and the environment; exlporing our interdependence. Paper presented at the Delta Society 7th Annual Conference))). Die Entwicklung von Empathie, Selbstkontrolle und Autonomie kann gefördert, Einsamkeit kann verhindert werden (Levinson, 1978((Levinson, B. M. (1978), Pets and Personality Development, Psychological Reports, 42:3, 1031-1038)), Van Houtte & Jorvis, 1995((Van Houtte, B. A. & Jorvis, P. A. (1995), The Role of Pets in Preadolscent Psychosocial Development, Journal of Applied Developmental Psychology, 16(3), 463-474))).
Darüber hinaus lernen Kinder, sich um andere zu kümmern und entwickeln die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu erkennen und zu verstehen (Cuomo & Gruen, 1998((Cuomo, C.J.; Gruen, L. On Puppies and Pussies. Animals, Intimacy, and Moral Distance. In Daring to Be Good. Essays in Feminist Ethico-Politics; Ferguson, A., Ed.; Psychology Press: East Sussex, UK, 1998; pp. 129–142.)), Gruen, 2004((Gruen, L. Empathy and Vegetarian Commitments. In Food for Thought. The Debate over Eating Meat; Sapontzis, S.F., Ed.; Prometheus Books: Amherst, NY, USA, 2004; pp. 284–292))).
Kinder und Haustiere - die Eltern als Vorbild
Im Alter von drei bis vier Jahren haben Kinder ein grundlegendes Verständnis für lebensnotwendige Prozesse und die damit verbundenen physiologischen Vorgänge entwickelt. Die Bandbreite kindlich-naiver biologischer Konzepte entwickelt sich während der Grundschulzeit weiter. Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren sind besonders offen dafür, etwas über die Bedürfnisse von Tieren und deren Versorgung zu lernen (Muldoon et al, 2009((Janine Muldoon, Joanne Williams, Alistair Lawrence, Nelly Lakestani, Candace Currie (2009), PROMOTING A ‘DUTY OF CARE’ TOWARDS ANIMALS AMONG CHILDREN AND YOUNG PEOPLE, A literature review and findings from initial research to inform the development of interventions)). Allerdings ist bisher wenig darüber bekannt, wie die positive Einstellung gegenüber Haustieren in entsprechendes Versorgungsverhalten umgesetzt werden kann.
Kinder sind sich häufig noch nicht darüber im Klaren, wie wichtig die kontinuierliche Versorgung eines Haustieres ist und benötigen das Vorbild der Eltern. Eltern spielen durch ihr eigenes Verhalten und ihre eigenen Einstellungen eine wichtige Rolle als Vermittler((Janine Muldoon, Joanne Williams, Alistair Lawrence, Nelly Lakestani, Candace Currie (2009), PROMOTING A ‘DUTY OF CARE’ TOWARDS ANIMALS AMONG CHILDREN AND YOUNG PEOPLE, A literature review and findings from initial research to inform the development of interventions)). Wenn Kinder lernen sollen, sich eigenständig um ein Haustier zu kümmern, ist positive Verstärkung besonders wichtig.
Vorschulkinder imitieren dabei zunächst noch das Verhalten der Eltern. Im Grundschulalter sind Kinder dann mehr und mehr in der Lage, einzelne Aufgaben selbständig zu übernehmen. Teenager können sich dann bereits eigenständig um ein Tier kümmern, benötigen aber je nach Tierart immer noch die Unterstützung der Eltern (Robinson, 2013((Robinson, I. (2013). The Waltham Book of Human-Animal Interaction: Benefits and Responsibilities of Pet Ownership.)))
Kinder und Haustiere - wie viele kümmern sich wirklich?
Im Kinderbarometer NRW 2009((Wie unsere Kinder denken: 10 Jahre LBS-Kinderbarometer NRW, Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern in Nordrhein-Westfalen, Ergebnisse im zehnten Erhebungsjahr, Ein Projekt der LBS-Initiative Junge Familie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund (Landesverband NRW) und mit freundlicher Unterstützung vom Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Durchführung: PROSOZ Herten ProKids-Institut)) wurde erhoben, welcher Anteil der Kinder im Alter von 9 – 14 Jahren sich tatsächlich um ein Haustier kümmert. Von den Kindern, die ein Haustier besitzen, füttern 79% das Tier selbst, 94% beschäftigen sich mit dem Tier und 58% machen den Käfig sauber. Die Mehrzahl der Kinder ist also selbst für ihr Haustier verantwortlich, wobei die Sauberkeit des Tieres am häufigsten von anderen Personen mit sichergestellt wird. Bei Nagetieren beschäftigen sich 95% der Kinder mit ihrem Haustier, 87% füttern es eigenständig und 75% säubern den Käfig. Je älter die Kinder werden, desto häufiger müssen (oder wollen) sie das Tier selbst sauber halten. In der vierten Klasse sind es 48%, die ihr Tier selbst säubern, in der siebten Klasse 64%. (über alle Tierarten betrachtet).
Die zentrale Aussage „Mama hat es sauber gemacht und habe einfach mit ihm gespielt“ (Mum cleaned it and I just played with it), die eine Fokus-Gruppen-Studie aus dem Jahr 2014((Janine C Muldoon, Joanne M Williams, Alistair Lawrence (2014), ‘Mum cleaned it and I just played with it’: Children’s perceptions of their roles and responsibilities in the care of family pets, Childhood, Vol 22, Issue 2, 2015)). zum Thema Kinder und Haustiere im Titel führt, trifft also anscheinend auch hier zu. Diese Studie betont die wichtige Rolle, die Kontrolle durch die Eltern bei der Versorgung von Haustieren zukommt sowie die Bedeutung des Spiels mit dem Haustier als Form der Versorgung.
Kinder und Haustiere - wie viel Eigenständigkeit ist möglich?
Die Ergebnisse der dargestellten Studien zeigen deutlich, dass Haustiere eine wichtige Rolle im Leben von Kindern spielen und einen positiven Effekt auf die Entwicklung haben können. Sie zeigen aber auch, dass Kinder häufig noch nicht in der Lage sind, sich wirklich kontinuierlich eigenständig um ein Haustier zu kümmern. Eltern müssen sich dessen bewusst sein, dass auch ein Kind, das vor der Anschaffung eines Haustieres verspricht, sich eigenverantwortlich um das Tier zu kümmern, unbedingt der Anleitung und Kontrolle bedarf. Kinder sind oft nicht in der Lage voraus zu sehen, was es bedeutet, sich kontinuierlich täglich alleine um ein Tier zu kümmern.
Dieses Verhalten muss erst erlernt werden und dafür bedarf es Vorbildern und positiver Verstärkung. Um Frustration auf beiden Seiten zu vermeiden und zum Wohle des Tieres sollten Eltern also immer davon ausgehen, dass letztendlich sie es sind, die für das Tier verantwortlich sind. Die Versorgung durch das Kind sollte nicht mit Drohungen oder Strafen eingefordert werden, vielmehr sollte eigenständiges Verhalten gelobt und belohnt werden. Letztendlich sollten Haustiere als Familienmitglieder gesehen werden, deren wohl allen am Herzen liebt und die nicht von einer Person „besessen“ werden. Einem Kind das Haustier weg zu nehmen, weil es noch nicht in der Lage ist, sich selbständig darum zu kümmern, ist eine verpasste Lernchance. Hier sollten Eltern als positives Modell dienen und die Versorgung übernehmen, bis das Kind die Verantwortung dafür tatsächlich übernehmen kann.