Hantavirus - ein Thema in der Farbrattenhaltung?

Hnantaviren verursachen je nach Virustyp verschiedene Erkrankungen. Dazu zählen schwere Lungenerkrankungen (Pneumonie), akutes Nierenversagen (Nephrotisches Syndrom) oder hämorrhagische Fiebererkrankungen. Der Virustyp ist weltweit verbreitet und wird vor allem durch Nager übertragen.

Eine kurze Geschichte des Hantavirus

Der Name leitet sich vom koreanischen Grenzfluss Hantan ab. In dieser Region erkrankten Anfang der 1950er Jahre mehr als 3˙000 Soldaten an einer Hantavirusinfektion. Das Virus wurde erstmals 1977 isoliert. Mittlerweile sind mehrere Hantavirus-Arten bekannt, von denen manche ernste Erkrankungen beim Menschen hervorrufen können

Welche Symptome löst der Hantavirus beim Menschen aus?

Die für den Menschen gefährlichen Arten (humanpathogene Arten) sind  Hantaan-Virus (HTNV), Puumala-Virus (PUUV), Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV), Seoul-Virus (SEOV), Korea-Fieber-VirusSin-Nombre-Virus (SNV) und Andes-Virus (ANDV)

Die Symptome bei einer Infektion mit Hantaviren können unterschiedlich schwer sein. Die Inkubationszeit beträgt 1- 6 Wochen(( Tracey Jolliffe, BMS, NHS Fife. Hantavirus in England, A sero-surveillance study undertaken by Public Health England, Porton Down https://www.sma.scot.nhs.uk/wp-content/uploads/2017/03/Hantavirus_talk_ppt_SMA.pdf)).

Mitteleuropäische Hantavirus-Arten verursachen grippeähnliche Infektionen, mit über drei bis vier Tage anhaltendem hohen Fieber (über 38 Grad Celsius) sowie Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen. In einer darauffolgenden Krankheitsphase können Blutdruckabfall und schließlich hämorrhagisches Fieber mit Nierenfunktionsstörungen bis zum akuten Nierenversagen auftreten ( haemorrhagic fever with renal syndrome, HFRS). Sehr selten kann sich die Erkrankung auf die Lunge auswirken oder deutlich sichtbare, äußere Blutungen verursachen ( hantavirus pulmonary syndrome , HPS)(( Informationen zur Vermeidung von Hantavirus-Infektionen, Robert Koch Institut, Berlin 2019)).

Die menschlichen Erkrankungen verlaufen unterschiedlich schwer. Während die in Mitteleuropa auftretenden Puumala- und Dobrava-Virus-Infektionen in weniger als 1 Prozent der klinisch auffälligen Fälle tödlich verlaufen, beträgt die Letalität bei Infektionen mit dem in Ostasien auftretenden Hantaan-Virus und mit dem auf dem Balkan zu findenden Dobrava-Virus bis zu 15 Prozent und bei den amerikanischen Hantaviren (Sin-Nombre-Virus, Andes-Virus und andere) etwa 30–40 Prozent(Krüger, 2005(( Detlev Krüger: Hantavirus-Infektionen. (PDF; 66 kB) Gesellschaft für Virologie e. V., abgerufen am 10. Dezember 2018., in Web-Archiv, Archiv-Datum 26. April 2005 ))).

Welche Symptome löst der Hantavirus bei Ratten aus?

Anders als beim Menschen löst der Hantavirus bei seinen Wirten wie z.B. Ratten keinerlei Symptome aus. Dies macht die Identifikation von Träger-Tieren extrem schwierig, da nur eine serologischer Test zeigen kann, ob ein Tier Wirt des Hantavirus ist oder nicht.

Wo kommt der Hantavirus vor?

Die verschiedenen Arten des Hantavirus sind weltweit unterschiedlich verbreitet. In Deutschland dominieren zwei Arten.

Puumalavirus-Infektionen konzentrieren sich auf Nordwest-, West- und Süddeutschland, insbesondere die Schwäbische Alb, das Münsterland, den Teutoburger Wald, Unterfranken, den Odenwald, Oberschwaben, die Fränkische Alb, den Bayerischen Wald, Osthessen und West-Thüringen. Hauptwirt ist die Rötelmaus.

Dobrava-Belgrad-Virus-Infektionen werden in den nördlichen und östlichen Regionen Deutschlands registriert. Hauptwirt ist die Brandmaus.

Weltweit sind die Erreger wie folgt verbreitet((Guidance, Hantaviruses, The characteristics, diagnosis, epidemiology of hantaviruses. Published 11 September 2008From:Public Health England)):

VirusErkrankungWirtVerteilung
PuumalaHFRSRötelmaus (Clethrionomys glareolus)Europa
DobravaHFRSGelbhalsmaus (Apodemus flavicollis)Blakanstaaten
HantaanHFRSBrandmaus (Apodemus agrarius)Asien
SeoulHFRSRatte (Rattus rattus, Rattus norvegicus)Südost-Asien, weltweit, Großbritannien
Sin NombreHPSHirschmaus (Peromyscus maniculatus)Nordamerika
AndesHPSZweigreisratte (Oligoryzomys longicaudatus)Argentinien

Warum sind auch Farbratten gefährdet?

Die Liste der möglichen Überträger lässt Farbratten-Halter zunächst aufatmen. Leider sind aber inzwischen auch Infektionen dokumentiert, bei denen als Haustier gehaltene Farbratten die übertragenden Wirte waren. Infektionen wurden aus Großbritannien, Schweden (bei Ratten britischen Ursprungs) sowie den USA berichtet. In allen Fällen handelte es sich um den Seoul-Hanta-Virus, der zu der Gruppe der Hantaviren gehört, die HFRS (Hämorrhagisches Fieber mit Nierenversagen) auslösen.

2014 veröffentlichte Public Health England((Public Health England (2014). Hantavirus infection in people with contact with wild and pet rats in England – preliminary results of a sero-surveillance study)) Zahlen aus serologischen Untersuchungen unter anderem bei Rattenhaltern.

Positive serologische Tests wurden wie folgt gefunden:

GruppeAnzahl ProbenPositive ProbenAnteil
Kontrollgruppe300103.33%
Farbrattenhalter792632,9%
Tierärzte17031,76%
Bauern12021,67%
Abwasser-Spezialisten7022,83%
Kammerjäger10632,83%

Die Anteil an positiven Proben bei Farbrattenhaltern betrug 32,9%, das heißt 32,9% der getesteten Halter wiesen Antikörper auf, die darauf hinweisen, dass die betroffene Person dem Hantavirus ausgesetzt war.

Auch wenn Daten zur tatsächlichen Prävalenz des Seoul-Hanta-Virus in als Heimtier gehaltenen Farbrattenbeständen noch fehlen, deutet der hohe Anteil positiver Proben Vergleich zur Kontrollgruppe und den anderen Testgruppen darauf hin, dass ein Befall mit Hantaviren bei britischen Farbratten durchaus ein Thema ist.

Fälle von Seoul-Hanta in Europa

2017 wurden in Folge von drei Fällen hämorrhagischen Fiebers 21 Ratten einer Rattery in Cherwell (Großbritannien) und 3 Ratten aus einem Haushalt in Cheltenwell (Großbritannien) untersucht. Bei 17 der 21 Ratten aus Cherwell und allen 3 Ratten aus Cheltenwell konnte Seoul-Hanta-Virus-RNA in Lunge und/oder Niere nachgewiesen werden(McElhinney et al., 2017((McELHINNEY, L., MARSTON, D., POUNDER, K., GOHARRIZ, H., WISE, E., VERNER-CARLSSON, J., . . . FOOKS, A. (2017). High prevalence of Seoul hantavirus in a breeding colony of pet rats. Epidemiology and Infection,145(15), 3115-3124. doi:10.1017/S0950268817001819))).

Im Juni 2013 konnte zum ersten Mal der Seoul-Hanta-Virus in einer als Haustier gehaltenen Farbratte in Schweden nachgewiesen werden. Die Ratte war 2011 aus England nach Schweden importiert worden(Lundkvist et al., 2013((Lundkvist Å, Verner-Carlsson J, Plyusnina A, Forslund L, Feinstein R, Plyusnin A. Pet rat harbouring Seoul hantavirus in Sweden, June 2013. Euro Surveill. 2013;18(27):pii=20521. https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES2013.18.27.20521))).

Wie kann man feststellen, ob eine Ratte infiziert ist?

Die zuverlässigste Methode besteht darin, Virus-RNA in Lunge oder Niere der Ratte nachzuweisen. Bei noch lebenden Tieren bietet sich ein serologischer Test an. Dieser kann bei Charles River in Deutschland in Auftrag gegeben werden. Dazu wird eine kleine Menge Blut entnommen und auf einen Applikator gegeben, der dann eingeschickt wird. Die Testung auf Hanta-Virus kostet ca. 35 EUR pro Tier zzgl. Versandkosten zu Charles River Deutschland und in die USA.

Fazit

Die hier wieder gegebenen Informationen zeigen, dass die Infketion mit dem Seoul-Hanta-Virus in Deutschland durchaus zu einem Thema werden kann, vor allem wenn ungetestete Tiere aus Großbritannien importiert werden. Rattenhalter sollten unbedingt über die Symptome aufgeklärt werden, um bei einer Infektion eine möglichst zügige Diagnose zu ermöglichen.

Credits

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