In einem Facebook-Post hat eine Dame einmal gefragt, ob ein Farbratten-Züchter eine bestimmte Qualifikation oder Genehmigung benötigt. Darauf kann man nicht mit Ja oder Nein, sondern mit einem klaren "Es kommt darauf an" antworten. Aber worauf kommt es an?
Entscheidend ist, ob es sich bei der Zucht um eine rein hobbymäßige Zucht (im Jargon des Finanzamtes "Liebhaberei") oder um eine gewerbliche Zucht handelt.
Definition Gewerbe
Ein Gewerbe ist jede erlaubte, selbständige, nach außen erkennbare Tätigkeit, die planmäßig, für eine gewisse Dauer und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübt wird und kein freier Beruf ist. (Rainer Wörlen, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht, 2010, Rz. 10, S. 6).
Tierzucht als Gewerbe
Eine Zucht von Haustieren, egal welcher Art, wird immer einige dieser Kriterien erfüllen. In der Regel wird die Zucht selbständig betrieben, ist nach außen erkennbar (z.B. auf Homepages, Facebookseiten, Annoncen) und sollte von gewisser Dauer sein. Auf Personen, die "einfach mal ein paar Babies" haben wollen, trifft dies nicht zu - sie betreiben auf keinen Fall ein Gewerbe. Desweiteren ist die Zucht von Farbratten grundsätzlich erlaubt, da es sich weder um eine geschütztes Tierart noch um eine sogenannte invasive Art handelt, die besonderen Bestimmungen unterliegt.
Was ist ein Zweck der Gewinnerzielung?
Zivilrechtlich bedeutet das Tatbestandsmerkmal zum Zwecke der Gewinnerzielung die Absicht, Einnahmen zu erzielen, die über die reine Kostendeckung hinausgehen(( Rainer Wörlen, Handelsrecht mit Gesellschaftsrecht, 2008, Rz. 15, S. 8.)) Hierbei ist es jedoch nicht von Bedeutung, ob schließlich ein Gewinn erzielt worden ist(( Klaus Spangemacher, Handels- und Gesellschaftsrecht, 2008, S. 25. )) Der Begriff „Absicht“ stellt klar, dass es keine Rolle spielt, ob dieses Ziel auch tatsächlich erreicht wird. Auch temporäre Verluste ändern hieran nichts.
Der entscheidende Punkt dürfte hierbei die Frage sein, ob ein Züchter in plant, durch den Verkauf seiner Tiere mehr Geld einzunehmen, als er für ihre Haltung ausgibt. Entscheidend ist nicht, ob er es dann auch tatsächlich tut. Auch vom reinen Preis der Tiere kann man nicht auf eine Gewinnabzielungsabsicht schließen, da die Spanne der möglichen Haltungskosten für Farbratten immens sein kann.
Daumenregel
Viele Amtsveterinäre gehen davon aus, dass ab einer Abgabemenge von mehr als 300 Farbratten pro Jahr in der Regel die Bedingungen einer gewerblichen Zucht erfüllt sind.
Hobbymäßige Zucht - genehmigungsfrei
Eine rein hobbymäßige, nicht gewerbliche Zucht von Farbratten bedarf keine Genehmigung. Jede Person kann sich als Züchter bezeichnen, unabhängig davon, welche Qualifikation er/sie hat. Eine Kontrolle durch das Veterinäramt ist nicht vorgesehen und es muss keine Sachkunde nachgewiesen werden.
Gewerbliche Zucht - genehmigungspflichtig
Eine gewerbliche Zucht ist dagegen genehmigungspflichtig (Quelle: Kreis Recklinghausen).
Voraussetzung für die Erlaubniserteilung ist:
- der Nachweis vorhandener Sachkunde bei der für die Tätigkeit verantwortlichen Person und dem Stellvertreter sowie
- Zuverlässigkeit, z.B. durch Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses und eines Auszugs aus dem Gewerbezentralregister, ggfls. auch Nachweis der finanziellen Zuverlässigkeit
- die behördlich festgestellte (Inaugenscheinnahme) Eignung der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und ihrer Einrichtung in Verbindung mit der gleichzeitig artgerechten Haltung der angegebenen Tierarten und jeweiligen Stückzahlen
- ein Lageplan der Gebäude und Flächen mit der Darstellung der Nutzung und ein Miet- oder Pachtvertrag bzw. eine Eigentumserklärung. Die baurechtliche Genehmigung aller zu nutzenden Gebäude und Räume ist im Vorfeld vom Antragsteller beim zuständigen Bauamt abzuklären!
Der Nachweis der Sachkunde
Für den Nachweis der Sachkunde stehen verschiedene Optionen zur Verfügung:
- staatlich anerkannte Aus- oder Weiterbildung insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung als Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel, Fachbereich Zoofachhandel, als Tierpfleger/Tierpflegerin oder eine Weiterbildung zum geprüften Tierpflegermeister/zur geprüften Tierpflegermeisterin
- über das Ablegen einer anerkannten Prüfung
- langjährige erfolgreiche Umgang mit den Tieren
- in Ausnahmefällen auch ein Fachgespräch mit den verantwortlichen Personen
Die Schulungen zu einer anerkannten Prüfung fokussieren in der Regel auf die Erfordernisse des Zoofachhandels, eine spezifische Prüfung für Kleintierzüchter gibt es nicht. Einige hobbymäßige Züchter haben eine Prüfung gemäß §11 des Tierschutzgesetzes abgelegt. Damit ist die Zucht aber noch nicht "behördlich genehmigt" oder "vom Veteriänramt geprüft". Denn eine solche Genehmigung wird nur bei gewerblichen Zuchten erteilt und umfasst weitaus mehr als den Nachweis der Sachkunde (siehe oben: Nachweis der Zuverlässigkeit, behördlich festgestellt Eignung der Räume, baurechtliche Genehmigung).
Aus eigener Erfahrung muss ich sagen, dass die Schulungsunterlagen des BNA für den Nachweis der Sachkunde Kleinsäuger ziemlich wenig mit dem zu tun haben, was ein Rattnzüchter als Wissen benötigt. Ein großer allgemeiner Teil bezieht sich Verpflichtungen, die sich aus dem Tierschutzgesetz ableiten und die insbesondere für den Zoofachhandel relevant sind. Der Teil, der sich explizit auf Farbratten bezieht, umfasst nur wenige Seiten und ist sehr oberflächlig. Das Thema Zucht spielt keine Rolle. Von daher bietet selbst ein sogenannter "§11-Schein" keine zuverlässige Aussage über die Eignung als Züchter von Farbratten.