Ursachen von Durchfall bei Ratten
Durchfall bei Ratten kann vielfältige Ursachen haben. Manchmal reicht schon Stress oder das falsche Futter aus, um den Kot breiig werden zu lassen. Bei der Analyse evtl. Auslöser unterscheidet man zunächst zwischen denen, die ihren Ursprung im Verdauuungstrakt haben (gastrointestinal) und denen, die von außen auf den Verdauungstrakt einwirken (extragastrointestinal).
Eine der häufigsten Durchfallursachen dürfte die Verfütterung von ungeeignetem bzw. verdorbenem Futter sein oder von Futter, gegenüber dem eine Intoleranz besteht. So kann zum Beispiel die Gabe von viel Frischfutter zu Durchfall führen, wenn die Tiere daran nicht gewöhnt sind. Das Problem lässt sich einfach lösen, indem man auf Futter verzichtet, das nicht vertragen wird, Futter immer gut auf Verderb überprüft und Frischfutter nur in Maßen und mit schrittweisen Steigerungen anbietet. Häufig wird Durchfall auch durch einen Befall mit Viren, Bakterien, Pilzen oder anderen Parasiten ausgelöst. Darauf wird weiter unten noch genauer eingegangen. Eine weitere Ursache für Durchfall können Zahnfehlstellungen sein. Wenn das Futter nicht mehr richtig zerkaut werden kann, kann dies die gesamte Verdauung beeinträchtigen. Hier sollten unbedingt die Zähne kontrolliert und fachkundig korrigiert werden. Auch Verengungen oder Verstopfungen im Verdauungstrakt können Durchfall auslösen, wenn sich nur noch breiiger Kot an der Verengung durchschieben kann. Solche Verengungen können aus z.B. unverdaulichen Nahrungsresten (Achtung bei mineralischer Klumpstreu) oder Geschwüren bestehen. Ein Röntgenbild oder Ultraschall können darüber Aufschluss geben.
Außerhalb des eigentlichen Verdauungstraktes können Schädigungen an Leber, Niere oder Pankreas Durchfall auslösen. Ein Blutbild kann hier für Klarheit sorgen. Desweiteren kann Durchfall auch hormonell bedingt sein. Dahinter kann einfach Stress stehen - viele Ratten setzen unter Stress breiigen übel riechenden Kot ab. Diabetes kann eine weitere hormonelle Ursache von Durchfall sein. Antibioktika können die Darmflora schädigen und so Durchfall auslösen. Dieser sollte allerdings nach Absetzen des Medikaments (immer nur in Absprache mit dem Tierarzt!) und einem Aufbau der Darmflora mit probiotischen Kulturen (z.B. mit Pro Pre-Bac) wieder verschwinden. Unter Umständen können auch Umweltgifte die Verdauungsbeschwerden verursachen. Häufig geht Durchfall mit einem starken Flüssigkeitsverlust (Hypovolämie) einher. Ist dies der Fall, muss unter Umständen durch eine Infusion Flüssigkeit zugeführt werden.
Systematik der Durchfallursachen nach Hein (2017)((Hein, J. (2017), Durchfallerkrankungen bei Kleinsäugern: Ursache, Diagnostik, Therapie, Verlag: Schlütersche))
-
gastrointestinal
(innerhalb des Verdauungstraktes)
-
extragatrointestinal
(außerhalb des Verdauungstraktes)
- diätetisch (Verderb, Intoleranz, Fehlernährung)
infektiös entzündlich (Bakterien, Parasiten, Viren, Hefen)
nicht infektiös entzündlich (Zähne)
obstruktiv (verengt, verstopft, z.B. durch Fremkörper, Neoplasie [Tumore])
- metabolisch (Leber, Niere, Prankeas)
endokrin (Stress, Diabetes)
toxisch (Antibiotika, Gifte)
Hypovolämie (Blut-, Plama- oder Flüssigkeitsverlust z.B. durch Schock, Anämie, Dehydration)
Neoplasie (Lymphom, Karzinom)
Infektiöse Durchfallursachen
Zahlreiche Bakterien, Viren, Protozoon und andere Parasiten können bei Ratten zu Durchfall führen. Dabei ist zu beachten, dass viele Infektionen subklinisch verlaufen, d.h. symptomfrei bleiben. Häufig zeigen nur immunsupprimierten Tiere oder Jungtiere Symptome. Daher können Bestände von Infektionen betroffen sein, ohne dass man dieses bemerkt. Es ist sogar davon auszugehen, dass in den meisten Heimtierbeständen ein gewisse Belastung mit parasitären Protozoen vorliegt und dass eine vollständige Elimination selbst unter Laborbedingungen nur schwer möglich ist. Eine medikamentöse Behandlung kann in den seltensten Fällen alle Parasiten entfernen, sondern lindert nur die Symptome und fährt die Parasitenlast auf ein Level herunter, mit dem das Immunsystem eigenständig fertig wird. Vollkommen parasitenfreie Tierbestände erhält man nur in steril abgeschirmten Räumen bei Tieren, die durch Kaiserschnitt entbunden und daraufhin sofort vom Muttertier getrennt wurden (Charles River (2009) ((Charles River (2009), Technical Sheet, Intestinal Protozoa in Rodents)).
Wichtige Pathogene des Verdauungstraktes, die Durchfall auslösen können (National Research Council 1991 ((National Research Council (1991). Infectious Diseases of Mice and Rats.)))
- Spironucleus muris: Protozoon, Infektion bleibt oft unbemerkt, bei immunsupprimierten kann Durchfall auftreten (mehr Infos)
- Clostridium Piliforme CPIL (früher Bacillus Piliformis) /Tyzzer´s Disease: Bakterium, kann bei immunsupprimierten Tieren zu Durchfall führen (mehr Infos)
- Giardia Muris oder Giardia Simoni: Protozoon, Infektion verläuft meist subklinisch (d.h. ohne Symptome), führt vor allem bei immunsupprimierten Tieren zu Durchfall (mehr Infos)
weniger bedeutende Pathogene des Verdauungstraktes, die Durchfall auslösen können:
- Salmonella enteritidis: Bakterium, wenn Symptome auftreten, dann handelt es sich meist um Durchfall (mehr Infos)
- Ratten-Rotavirus (Rat rotavirus-like agent RVLA oder Infectious Diarrhea of Infant Rats IDIR): Virus, Durchfall bei Jungtieren (mehr Infos)
- Syphacia spp. (Oxyuren, Oxyuriase): Fadenwurm, immunkompetente Tiere bleiben meist symptomfrei, kann zu Gewichtsabnahme führen (mehr Infos)
bei Labortieren eher unbedeutende Pathogene des Verdauungstraktes, die Durchfall auslösen können::
- Reovirus-3 (REO-3): Virus, meist symptomlos, bei Jungtieren kann Durchfall auftreten (mehr Infos)
- Adenoviren: Virus, tritt vor allem bei Mäusen auf (mehr Infos)
- Entamoeba Muris: Protozoon, Infektion verläuft meist subklinisch (d.h. ohne Symptome), führt vor allem bei immunsupprimierten Tieren zu Durchfall (mehr Infos)
- Tritrichomonas Muris: Protozoon, Infektion verläuft meist subklinisch (d.h. ohne Symptome), führt vor allem bei immunsupprimierten Tieren zu Durchfall (mehr Infos)
Desweiteren gibt es noch folgende möglich Infektionen (Baker 1998 ((Baker, D.G. (1998), Natural Pathogens of Laboratory Mice, Rats, and Rabbits and Their Effects on Research, Clin. Microbiol. Rev. April 1998vol. 11 no. 2 231-266))):
- Helicobacter spp.: Bakterium, Infektion meist symptomlos, kann zu Durchfall führen (mehr Infos)
Diagnostik bei Durchfallerkrankungen
Hält Durchfall über mehrere Tage an, muss unbedingt ein Tierarzt aufgesucht werden. Die Diagnostik sollte nach Hein (2016)((Hein, J. (2016). Durchfall bei Kleinsäugern: Optimale diagnostische Aufarbeitung, Kleintier:konkret, S. 43-45)) wie folgt ablaufen:
Vorgeschichte/Anamnese
Der Tierarzt wird sich nach der Vorgeschichte des Tieres erkundigen und dabei z.B. nach Dauer, Verlauf, Kotmenge, Absetzhäufigkeit, Schmerzäußerungen, Farbe und Beimengungen (z.B. Blut) erkundigen. Am besten bereiten Sie sich auf diese Fragen vor.
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung sollte folgende Punkte umfassen: Bestimmung des Gewichts, optische Überprüfung (Gesamteindruck, Ernährungszustand, Kot, Umfangvermehrung, Zähne), Abhören (Herz, Lunge), Abtasten (Lymphknoten, Magen-Darm-Trakt, andere Abdominalorgane).
Kotuntersuchung
Meist ist eine Kotuntersuchung unerlässlich, um die Ursache des Durchfalls heraus zu finden bzw. bestimmte Ursachen auszuschließen. Zunächst sollte eine markoskopische und mikroskopische Untersuchung erfolgen, schließlich können auch Sammelkotproben für eine Flotation notwendig sein. Für einige Parasiten wie z.B. Giardien gibt es auch spezielle Nachweisverfahren.
Weiterführende Untersuchungen
Hierzu gehören z.B. Blutuntersuchungen (Pseudolinksverschiebung bei akuten bakteriellen Infektionen, starke lymphozytäre Blutbilder bei Lymphomen oder viralen Infektionen, Eosinophile bei Endo- oder Ektoparasitenbefall), Röntgenuntersuchung, Sonografische Untersuchung.
Endoskopie oder Probelabaratomie mit Biospie
Dies wird bei Ratten wahrscheinlich eher nicht durchgeführt werden.
Behandlung von Durchfall bei Ratten
Bei der Behandlung von Durchfall bei Ratten sollte in mehreren Schritten vorgegangen werden (nach Hein 2016((Hein, J. (2916), Durchfall bei Kaninchen - Ursachen und Therapie, kleintier:konkret, S1: 2-9)))
- Kreislaufstabilisierung: wenn nötig Hydration durch eine Infusion
- Ursachen beseitigen/behandeln:
- bei gestörter Nahrungszufuhr Engpässe beseitigen und weitere Zufuhr stoppen
- Schmerzbekämpfung (z.B. mit Metamizol oder Meloxicam)
- sekundäre bakterielle Infektionen und Dysbiose eingrenzen: Einsatz darmverträglicher Antibiotika (z.B. Enrofloxacin)
- Endoparasiten bekämpfen
- Normalfunktion wieder herstellen: optimales Substrat (Futter) bereitstellen, Förderung der Darmflora, bei Befall mit Hefen unbedingt Zucker (auch in Form von Obst) meiden
- ergänzende Maßnahmen (fakultativ):
- Motilität/Vorschub steigern,
- Toxine binden, z.B. durch Dimeticon bei schaumiger Gärung, Bariumsulfat oder Huminsäure
- Hefen reduzieren: Zuckerentzug, falls nötig Nystatin-Gaben
- Prä-/Probiotika, z.B. ProPre-Bac